Die Armut und die Sicherheitslage haben sich in Haiti in den letzten 12 Monaten verschlimmert. Neben der Korruption in allen Teilen der öffentlichen Verwaltung gibt es einige Affären, die die Bevölkerung traumatisiert haben. Viele Milliarden US$ sind aus öffentlichen Geldquellen verschwunden, die für die Infrastruktur des Landes gedacht waren. Die Infrastruktur ist für die gestiegene Bevölkerungszahl nicht ausreichend, so dass Wasser und Strom rationiert werden - wenn die Versorgung überhaupt funktioniert. In den Krankenhäusern mangelt es an allem, so dass Patienten für alles selber aufkommen müssen, selbst für Bettdecken und Einweghandschuhe. Bei den Schulen sieht es nicht besser aus. Es gibt bei weitem nicht genug Schulen, außerdem sind über 90% der Schulen in privaten Händen.
In der Hauptstadt wird jeder Stadtteil von einem Bandenchef kontrolliert. Ohne Hemmung sagen diese Bandenchefs im Radio, dass sie stehlen müssen, um Essen für ihre Bandenmitglieder zu sichern; erzählen, dass sie Waffen von Politikern bekommen, um deren Sicherheit zu gewährleisten und deren Gegner zu eliminieren. Ein Bandenchef wurde verhaftet und erzählte, dass er Waffen und Geld von Politikern erhalten hatte, um Leute auf der Straße zu entführen. So machen die Bandenchefs Ihre Geschäfte.
Seit Monaten gibt es in Haiti keine Regierung. Jede Woche werden andere Themen von Politikern aufgebauscht, um die Bevölkerung zu verwirren und so von eigenen Machenschaften abzulenken.
Strom wird in Petit-Goâve nicht nur rationiert, sondern die Stadt ist seit Monaten oft ohne Strom. Auch Wasser wird rationiert. Bei den großen Demonstrationen gab es in Petit-Goave in den letzten 12 Monaten vier Tote und drei Schwerverletzte.
Der Staat als größter Arbeitgeber (Schulen, Gesundheitswesen) zahlt die Löhne nicht aus. Auch die Bauern leiden. Es regnet fast nicht mehr in Petit-Goâve, so dass die Ernte schlecht war. Dadurch ist die Bevölkerung auf Nahrungsmittel aus dem Ausland angewiesen, aber vielen Menschen fehlt das Geld dafür.
Im Krankenhaus gibt es nicht einmal Desinfektionsmittel. Das Personal kommt unregelmäßig zur Arbeit, weil es keinen Lohn bekommt. Die Familie eines Patienten muss mit einem Arzt und den Pflegekräfte ein Deal eingehen, um Pflege zu erhalten. Die Sterberate hat durch die Armut einen starken Anstieg erreicht.
Traurig, aber wahr ist, dass Eltern ihre Kinder zum Sex anbieten, um Geld für Essen zu bekommen.
Die Situation im Land hat unsere Kinder stark getroffen, denn sie gehören zu den Ärmsten in der Stadt. Wegen der vielen Demonstrationen sind im letzten Schuljahr sehr viele Unterrichtstunden ausgefallen. Sonst gab es aber keine besonderen Vorkommnisse. Unsere Schule hatte zum Glück die Möglichkeit, den Kindern zweimal pro Woche ein warmes Essen anbieten zu können. Die Sommerferien haben die meisten Kinder bei ihren Verwandten auf dem Land verbracht.
Im Schuljahr 2018/19 hatten wir in der Grundschule insgesamt 156 Kinder:
76 Mädchen und 70 Jungs in sechs Klassen:
In der weiterführenden Schule waren es 57 Kinder: 42 Mädchen und 15 Jungs:
Die Kosten für die ersten 6 Klassen (Lehrer, Wächter, laufende Verwaltungskosten) wurden vom Verein „Friends of Petit-Goâve“ aus Florida getragen. Marabou e.V. übernahm die Kosten der beiden weiterführenden Klassen. Wir bedanken uns bei allen für die Unterstützung, ohne die diese beiden Klassen nicht hätten finanziert werden können.
Marabou hat letztes Jahr in den Sommerferien ein Freizeitprogramm für die Schüler organisiert. Wir wollten den Kindern während der Ferien etwas Besonderes bieten. Zwei Wochen lang gab es von morgens bis abends ein Ferienprogramm, es wurde gespielt, getanzt, gemalt, gegessen und es wurden Ausflüge gemacht. Da das Geld nicht für alle gereicht hat, wurden aus jeder Klasse die fünf besten Schüler für die Teilnahme ausgewählt. Wir hoffen, dass die Schule in Zukunft jährlich ein Sommerferienprogramm anbieten kann.
Auch in diesem Jahr wurde wieder ein Ferienprogramm angeboten. Diesmal wurden drei Wochen lang an jeweils drei Tagen pro Woche Ausflüge, Spiele und Tanz angeboten.
In den Sommerferien startete noch ein anderes Angebot für einige ältere Schüler, das während des Schuljahrs nachmittags fortgeführt wird. Als Vorbereitung auf einen Beruf erhalten die Schüler Schulungen in den Bereichen Nähen, Haare schneiden und Kosmetik. Dieses Projekt wird von Jackson Monice finanziert.
Marabou hat 25 Laptops für die Schule erhalten. Diese sollen für zwei Projekte genutzt werden. Für die Einrichtung eines Computerraums für die Schüler sowie eines Internetcafés. Der Computerraum soll eingerichtet werden, um den Schülern Grundkenntnisse beizubringen, wie Online-Recherche, Arbeiten mit Word etc.
In einem anderen Raum soll ein Internetcafé für die Bevölkerung des Viertels eingerichtet werden. Für die Nutzung des Internetcafés wird eine Gebühr erhoben, um Strom und Reparaturen zu zahlen sowie einen Informatiklehrer für die Schule zu engagieren.
Für die Realisierung dieser Projekte gibt es noch einige Hürden: Finanzierung des Transports der Geräte nach Haiti (ca. 250kg), dauerhafte Stromversorgung in der Schule, Sicherung gegen Diebstahl. Zurzeit haben die Schulräume Holztüren, d.h. wir müssen für den Computerraum und das Internetcafé neue Türen montieren lassen. Mit einem Generator könnte die Schule ihren Strombedarf selber erzeugen.
Der Besuch der Bibliothek ist als Pflichtveranstaltung in den Unterricht eingebunden und wird von den Schülern auch gerne genutzt. Wir sollten aber noch mehr Lehrbücher für die Kinder anschaffen.
Marabou-Haiti wird ab diesem Schuljahr die beiden oberen Klassen selbst verwalten und hat für diese Klassen eine eigene Direktorin eingesetzt. Wir hoffen, dass wir durch die Umstrukturierung dann regelmäßig Berichte erhalten werden. Einige ehemalige Schüler wurden fürs neue Schuljahr als Lehrer eingestellt.
Dadurch sowie die Einbindung älterer und ehemaliger Schüler in die Organisation außerschulischer Aktivitäten für die Schüler am Nachmittag, soll ihr Engagement für das Schulleben gestärkt werden und die Schüler sollen lernen, Verantwortung für „ihre“ Schule zu übernehmen.
Seit Monaten gibt es große Probleme bei der Stromversorgung in ganz Haiti. Die Generatoren der Stromgesellschaft sind kaputt, so dass es auch in Petit-Goâve in den letzten Monaten kaum Strom gab. Deshalb haben wir auch keinen Bericht aus Haiti erhalten. Wir können nur kurz telefonieren, wenn einen Person über eine Solarpowerbank mit ihrem Handy telefonieren kann.