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Eine Reise nach Petit Goâve im Oktober/November 2021

2021 war in Haiti ein Jahr voller neuer Herausforderungen.
Das Leben in der Hauptstadt Port-au-Prince ist schlimmer als man sich vorstellen kann. Ermordungen und Entführungen sind täglich zu beklagen und Banden blockieren wichtige Verkehrsverbindungen. Einige Stadtteile sind quasi unbewohnbar und unpassierbar und der Laune von Banditen ausgeliefert. Viele Menschen haben deshalb ihre Wohnungen verlassen. Dies führt zu unvorstellbaren Problemen. Familien leben getrennt, da Väter ihre Familie oft zu Verwandten aufs Land geschickt haben, selber aber in Port-au-Prince geblieben sind, um dort zu arbeiten. Doch durch Straßenblockaden und Treibstoffmangel können sie ihre Familien manchmal monatelang nicht treffen und oft auch kein Geld schicken. Dies zerstört viele Familien, Männer vereinsamen und Frauen sehen z.T. keinen anderen Ausweg, als den Lebensunterhalt durch Prostitution zu erwerben.

Auch die Straße in den Süden des Landes - und damit die Strecke nach Petit-Goâve - ist von den Straßenblockaden betroffen. Da normalerweise viele Güter wie Lebensmittel, aber auch Baumaterial, Benzin und Geld aus Port-au-Prince kommen, wird auch im Süden der Mangel immer größer. Besonders schlimm war, dass nach dem Erdbeben im August auch die Hilfslieferungen ins Erdbebengebiet blockiert wurden, weil die Banditen keine LKWs durchließen. Keiner kann sagen, wann man die Straße wieder normal nutzen kann, ohne damit ein Risiko einzugehen.

In Petit-Goâve ist die Lage glücklicherweise ruhig. Es gibt zwar von Zeit zu Zeit Demonstrationen in der Stadt, doch die verlaufen grundsätzlich friedlich. Doch das Leben ist schwieriger geworden. Es herrscht Mangel an Lebensmitteln, Baumaterial, Benzin und Geld und alles ist viel teurer geworden. Strom und Wasser sind rationiert - meist gibt es weniger als zwei Stunden Strom am Tag. Die Armut hat sich vervielfacht: Selbst viele, die arbeiten, können sich nur eine Mahlzeit am Tag leisten.

Auch Geldtransporte kommen nur selten durch die Straßenblockaden, so dass Menschen vor den Banken Schlange stehen. Wenn man Geld abheben will, muss man dafür einen ganzen Tag einplanen. Da außerdem der maximale Betrag, den man pro Tag abheben kann, auf 200 US$ begrenzt wurde, führt dies auch für die Projekte von Marabou e.V., die durch Spendengelder aus dem Ausland finanziert werden, zu Problemen. Nur um den Lehrkräften unserer Schule ihr Gehalt für einen Monat zahlen zu können, muss der Buchhalter von Marabou Haiti dreimal zur Bank gehen, braucht dafür also drei Tage.

Während meines Aufenthalts war ich jeden Tag in unserer Schule "École Decilus Monice" und konnte mich davon überzeugen, dass es unseren Schülerinnen und Schülern gut geht. Gott sei Dank sind die 219 Kinder gesund und fröhlich. Die meisten sind gerne in der Schule. Wenn Demonstrationen in der Stadt sind, begleiten viele Eltern ihre Kinder, damit sie trotzdem sicher zur Schule kommen.

Die Schule hat dank eines eigenen Brunnens Zugang zu frischem Wasser. Nun haben die Kinder noch gelernt, wie man Seife machen kann. Die selbstgemachte Seife dürfen sie dann mit nach Hause mitnehmen.

Der Unterricht läuft zurzeit sehr gut. Auch der Computerraum wird wieder fleißig genutzt.

Als neuen Sponsor konnten wir die Organisation Kiskeya aus Luxemburg gewinnen, die nun seit November dreimal pro Woche ein warmes Mittagsessen in der Schule finanziert. Das ist für die meisten Kinder, die zuhause oft nicht genug zu essen haben, ein zusätzlicher Anreiz zu kommen.

Unser Projekt, das Jugendlichen den Besuch einer Berufsschule in Léogâne ermöglicht, läuft sehr gut. Die fünf, die ihre Ausbildung vor einem Jahr angefangen haben, sind begeistert dabei und haben schon viel gelernt. Sie sind glücklich über die Werkzeuge, die wir nach Haiti geschickt haben und leihen ständig Geräte aus, um sie in der Schule benutzt zu können oder um in ihrer Freizeit kleine Reparaturen zu machen.

Im Oktober haben weitere Jugendliche mit einer Ausbildung angefangen, so dass es jetzt insgesamt 20 sind - darunter vier junge Frauen. Die Ausbildungsplätze verteilen sich auf die Branchen Automechanik, Elektrotechnik und Sanitär.

Die Jugendlichen sind glücklich über den Ausbildungsplatz und sind mit vollem Engagement dabei. Einige können in Léogâne übernachten, für die anderen organisiert Marabou Haiti den Transport von Petit-Goâve in die ca. 35km entfernte Stadt.

Für 16 Jugendliche konnte Marabou bisher Paten für die Schulgebühren (250 €/Jahr) gewinnen. Die restlichen Kosten werden über allgemeine Spenden finanziert.

Weitere Bilder zum Bericht finden Sie hier.

Liebe Spenderinnen und Spender, im Namen der Kinder und Jugendlichen sage ich "Danke für die Unterstützung"!

Herzlichst,
Hugues Monice
(Vorstand von Marabou e.V.)